Spontaneität - Hilfe bei Naturkatastrophen (138 Zugriffe) #




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Spontaneität - Hilfe bei Naturkatastrophen (138 Zugriffe) #

Beitragvon ingoflindt » Di 21. Aug 2018, 22:15

Spontaneität - Hilfe bei Naturkatastrophen (138 Zugriffe) #
geschrieben von: Peter Zornig
Datum: 12. Januar 2005 11:54

Von Solidarität, von der Armenkasse - von der Armenordnung und von den Bettelleuten.

Die Spontaneität und Kreativität der Bürger dieser Tage zur schier unvorstellbaren Naturkatastrophe in Asien motiviert mich zu diesem Posting.

Für Menschen denen die Naturgewalten des Meeres so nahe sind, mag ich auch auf meine Beiträge über die Weihnachtsfluten in unserer Gegend hinweisen.

Klaus Harms erzählt in seiner Lebensbeschreibung, wie er in seiner Jürgens auf dem St.Michaelisdonn, von der väterlichen Mühle aus, häufig armseelige Gestalten mit dem Bettelsack vorbeiziehen sah.
Und Gustav Frenssen hat dererlei fremdanmutende Leute als „Kreyen“ beschrieben im Gegensatz zu den alteingesessenen und schwerblütigen „Uhlen“ in der Marsch in Jörn Uhl und Fiete „Krey“ hat
er beiden Menschenschlägen ein dichterisches Denkmal besetzt.

In Brunsbüttel wohnten diese „anderen Leute“ zumeist auf dem Hohen Moor, die Ostermoor oder im Belmermoor. In Eddelak auf dem Donn, in Averlak und Dingerdonn. In Marne auf dem Plattenrönne oder Triangel in Diekshörn.

Im Urgroßvater von Johannes Brahms begegenet uns ein Zeitgenosse der wie viele seiner Zeit von der Armenkasse beerdigt wurde und sicher lange Zeit auch von ihr „über Wasser gehalten wurde“. Er war so arm das seine Frau und sein ihn überlebender Sohn ihn in Belmermoor zurückließen in seinem Sterben.
Noch aus den Haushaltslisten 1840 auch später wird deutlich, wie viele Familien die Feuer und die Schlafstelle oft auf engsten Raum (in zugigen Katen) mit fremden Personen teilten und dafür vom Kirchspiel ein Entgeld erhielten

Dabei war die feuchte und raue Gegend an der Elbmündung ersehntes Ziel zahlreicher Zuwanderer und nicht immer nur armsseliger Hungerleider.

Die Familie Schoof siedelte erst um 1720 aus der Grafschafschaft Hoya kommend in Dithmarschen. Die sage erzählt das der erste Schoof auf einem Bund Weizenstroh über die Elbe geschwommen ist und davon seinen Namen erhalten hat (Helene Höhnk). Die Garbe Weizenstroh sorgfälltig geordnet und beschnitten, wurde Schoof genannt und diente in Ermangelung von Reet zum Decken, besonders zum Ausbessern von Strohdächern.
Anderer Zuwanderer waren die Weber von Aver de lacke, auch Eddelakerdonn genannt die auf dem schmalen Sand-Dünenstreifen am Kudensee sich als Weber verdingten.Einer von ihnen war der sogenannte hochdeutsche Weber im Berge, Johann Michael Herrmann der hier 1796 etwa 56 jährig starb. Er war von weit her,aus Kunersdorf in der Oberlausitz und diente von 1763-1771 in einem dänischen Regiment, dem jütischen geworbenen zu Fuß.

Der Leineweber Klaus Kühl der 1800 als einsamer Mann mit 86 Jahren starb.
Über ihn berichtet ein Eintrag im Kirchenbuch Eddelak:

“Klaus Kühl ,ein vieljähriger Bettler und Alumnus (Pflegling) unser Armenkasse, ging seiner Ge-wohnheit nach, da er noch sehr rasch war, vor dem Osterfeste mit seinem Beutel umher, war noch unter dem Gottesdienst im Kirchdorfe, durchwanderte bei schönem Witterung Westerbüttel, wollte nun über die Josenburg nach seinem Quartier auf dem Moor und gegen Abend zurückgehen, hatte aber das Unglück in der Gegend des halben Mondes (das war die Gegend wo der Deich eine derartige Form annahm), binnen Deichs, in das alte Fleet zu fallen.
Seine Last war schwer, er war mit Brot und Mehl und Eiern, sowie auch mit einer Flasche Branntwein beladen, konnte sich nicht helfen und ward des Abends von Henrich Beuler tot im Wasser gefunden."

Wir sehen der Klaus Kühl war reich beschenkt im Fleet ertrunken, dabei unterlag das Bettelwesen strengen Richtlinien.

In einer für die Beliebung des Vierteils Brunsbüttel gedruckten Verordnung
(1778 in Altona gedruckt) heißt es ausdrücklich , das dem Gassenbetteln der Einheimischen und Auswärtigen nachdrücklich Einhalt geboten werden müsse und ohne gehörigen Erlaubnisschein vom Kirchspielsvogt nicht möglich sei.

Diese Bettelerlaubnis ist ein früher Vorläufer der vielen Sozialen Einrich-tungen
von heute ebenso wie die Armenkasse die sich aus Spenden reicher Einwohner aus Samm-lungen aber auch aus den Einfahrgeld für neue Bewohner nur spärlich füllte. Große Summen kamen nur durch großzügige Spenden wohlhabenden Zeitgenossen zustande.


Zusammengefasst aus Aufsätzen von Helene Höhnk, Wilhelm Johnsen und Hugo Gehrds in der Brunsbütteler Zeitung 1920-1932 und aus Eintragungen in den Sterbebüchern von Brunsbüttel und Eddelak.
______________________________________
Liebe Grüße Peter Zornig - Wien
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Re: Spontaneität - Hilfe bei Naturkatastrophen (70 Zugriffe)

Beitragvon ingoflindt » Di 21. Aug 2018, 22:15

Re: Spontaneität - Hilfe bei Naturkatastrophen (70 Zugriffe) #
geschrieben von: Peter Zornig
Datum: 12. Januar 2005 11:55

Landverluste des Südstrandes und Deichbau in Brunsbüttel

„Welchen Abgang an Lendereyen beede
Kirchspiel Brunsbüttel un Eddelak als Socii
der teichbank denen Eignern sambt denen
darauf gestandenen Früchten privativ aestimatione
barh haben zahlen müssen….
(aus einem Bericht von Landvogt Gude 1701).

1617 Oldeburwöhrden 72 Morgen 10 Häuser
1629 Potthusen (Dickendorp) 26 Morgen 18 Häuser
1656 Brunsbüttel 4 Morgen 14 Häuser
1664 Groden 37 Morgen 9 Häuser
1674 Brunsbüttel 66 Morgen Preisgabe des Ortes
1674 Oldeburwöhrden 14 Morgen 8 Häuser
1685 Ostermoor 88 Morgen 1o Häuser
1689 Ostermoor 101 Morgen 40 Häuser
1698 Groden 40 Morgen 19 Häuser

Zählt man zu diesem noch die ausgedeichten Dorfschaften
Süderhusen mit 60 Morgen, so beträgt der Landverlust
rund 500 Morgen = 675 ha.

Alle diese Opfer an Menschen,Land,Häusern,Sachwerten,
an ausgefallenen Ernten und Arbeitsleistungen
sowie Material für die Reparartuen der Deiche
und die Ufersicherung durch Steinhöffter hatten
die beiden Kirchspiele bis zu den Baumaßnahmen
für die Abriegelung der Einbruche (1687) allein zu tragen.

„…..die erschrecklichen Wasserfluthen“ in der Folge 1717
die die ganze Marsch Dithmarschens überfluteten,
teilweise stand das Wasser bis zu 2,1 meter hoch
und weil die Stürme bis Januar 1781 anhielten
„glich die ganze Marsch einer offenbahren See“.

Wieder mußte der Süderstrand die größten Opfer bringen
es ertranken 344 Menschen,
davon allein in Brunsbüttel 62, in Eddelak 76, in Marne70,
in Barlt 16. An Großvieh gingen 2737 Stück verloren
und 231 Häuser wurden zerstört.

Zahlreiche Deichbruche mit schweren Grundbrüchen
auf 50 km Lange, ostwärts von Brunsbüttel
wurde die Eddelaker Schleuse herausgerissen,
zurück blieb einen tiefer und breiter Grundbruch.

Die Auslotung ergab eine Breite von 22 Ruten (über 100m)
und eine Tiefe von 60 Fuß (ca 20 Meter).

Damit dürfte der grüßte jemals gemessenen Wert eines
Grundbruches überliefert worden sein.

1718 am 10.Oktober wurden die erste neue Abdämmung
„mit gesambter Hand“ durch Südweststürme zerstört

1719 wurde die neuerlichen Dämarbeiten in der Winterflut
wieder zunichte gemacht
Die Einwohner streckten die Waffen.

Mit großen materieller und personeller ( 5000 Soldaten) Hilfe des Königs .
konnten bis zum Herbst 1721 die umfangreichen Arbeiten
(welche die Ortschaften in den Kirchspielen Brunsbüttel und Eddelak
grundlegend veränderten, abgeschlossen werden.
Der Landschaft wurde die Soldaten Rechnung präsentiert
mit 100.000 Reichstaler, die später auf 60.000 reduziert wurde.

Aber 1751 und 1752 wurden die Deiche abermals erheblich beschädigt
in Soesemenhusen. Im entfernten Hohenmoor (Ostermoor)
entstand eine große Wehle beim alten Moordeich,
wodurch 17 Häuser weggetrieben wurden .

Erst 1762 war die neuerliche Wiedereindeichung abgeschlossen
und eine Bucht mit 1130 ha entstanden

Zusammengefasst von Peter Zornig
für die interessierte Leser im Forum aus

Süderdithmarschen 1581-1970
Boyens / Heide 1970
______________________________
Liebe Grüße Peter Zornig aus Wien
neuerdings unter www.dithmarschenahnen.com
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